Lover of the written word – Schreiben, eine Lust 

Als ich meine Arbeit als Chefredakteur des «Holzbau Schweiz» verlor, versuchte ich mich als Texter, natürlich wieder ohne Berufsausbildung, wie immer, doch konnte ich das kaschieren, den «Eidgenössischen Fachausweis» gab es damals noch nicht. Immer noch kann jeder sich Texter nennen. 

Einmal habe ich sogar eine Speisekarte zubereitet, der Koch war begeistert, die Wirtin entsetzt. Das Ausfallhonorar schmeckte bitter.
(https://www.text-design.ch)

Leidenschaft pur: Vor dem leeren Bildschirm sitzen … den allerallerersten Satz formulieren … und dann schreibt es aus mir heraus, immer noch mit Zweizeigefingersystem, doch schneller schreiben zu können als zu denken, ist von zweifelhaftem Nutzen, und zum Glück bin ich langsam im Denken.

Nein, nicht Leidenschaft! Lustschaft!

Wenn ich die Ruhe habe, zu schreiben, als gäbe es keine Zeit … ich bin Allesschreiber, ob an die Justizdirektion oder an die Bürgergemeinde, ob ein Leserbrieflein oder die Texte für eine ganze Webseite … Schreib-Trance … 

Besonders aber ein persönlicher Brief, eine Karte, auf Papier. Das ist die Magie des Briefeschreibens: Es vergegenwärtigt den Angeschriebenen, schafft Nähe, intim.    

In den letzten 26 Jahren habe ich rund 1400 Briefe und Karten abgeschickt, davon 1300 an meine Tochter. 

Ein Brief an meinen über 80-jährigen Adoptivvater, nach einem Unfall, brachte ihn zur Einsicht; mir brachte es den Ärger meiner Mutter ein, die sich ihres Chauffeurs beraubt sah.

Traurig, wenn ein Brief nicht beantwortet wird.  

Das Trostvollste, was ich je gelesen habe, habe ich in einem Brief von Rainer Maria Rilke gefunden (Briefe an einen jungen Dichter): 

«Ich möchte Sie, so gut ich es kann, bitten, lieber Herr, Geduld zu haben gegen alles Ungelöste in Ihrem Herzen und zu versuchen, die Fragen selbst liebzuhaben wie verschlossene Stuben und wie Bücher, die in einer sehr fremden Sprache geschrieben sind. Forschen Sie jetzt nicht nach den Antworten, die Ihnen nicht gegeben werden können, weil Sie sie nicht leben könnten. Und es handelt sich darum, alles zu leben. Leben Sie jetzt die Fragen. Vielleicht leben Sie dann allmählich, ohne es zu merken, eines fernen Tages in die Antwort hinein.»  

Aber es gibt ein Problem mit Geschriebenem. Zwar kann auch ein gesprochenes Wort nie ungesprochen gemacht werden. Doch im Gespräch erhalte ich augenblicklich Reaktionen, ich kann darauf eingehen, ich kann mich korrigieren, erklären, kann Fragen sofort beantworten. Das ist die Schönheit des Gesprächs: das Miteinander, der Austausch. 

Beim Schreiben aber bin ich allein. Ich sehe meine Leser nicht, ich weiss nicht einmal, ob es welche gibt, oder wieviele. Geschweige denn, ob sie schmunzeln. Oder die Augen verdrehen. Höchstens mit Verzögerung. 

Ich sehe aber einen Ausweg. Ich könnte aus meinen Texten vorlesen …